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13.11.2024
10.11.15

Unterstützung für Papst Franziskus

Kategorie:
Na Kirche im 21. Jahrhundert, Na Röm.-kath. Kirche, Na Nachrichten, Nachrichten

 

Offener Brief

Dieser offene Brief entstand innerhalb des Zweiten Kontinentalen Kongresses der Theologie, der von 26.-30. Oktober in Belo Horizonte, Brasilien, unter dem Titel "Iglesia que camina con Espiritu y desde los pobres» stattfand - mit circa 300 Teilnehmern aus ganz Lateinamerika, aber auch aus Europa, Kanada und USA. Die Initiatoren bitten, diesen Text zu verbreiten, damit eine große Kette von Unterstützern entstehen kann.


Unterstützung für den Papst Franziskus

Lieber Papst Franziskus,
In Brasilien, in der Karibik, in ganz Lateinamerika und in anderen Teilen der Welt gibt es viele Menschen, die sehr besorgt sind angesichts der starken Opposition und der Angriffe gegen Dich durch eine kleine, doch mächtige, konservative Minderheit sowohl innerhalb als auch außerhalb der Kirche. Wir sind verblüfft, dass etwas so Ungewöhnliches geschieht, das es während der letzten Jahrhunderte nicht gab: eine Rebellion konservativer Kardinäle gegen Deinen Stil, eine Synode abzuhalten und vor allem, wie Du die Weltkirche leitest.
Diese Gruppe von Kardinälen schrieb Dir einen streng vertraulichen Brief, der an die Presse durchsickerte und veröffentlicht wurde, ebenso wie Deine Enzyklika «Laudato Si», bevor sie freigegeben worden war, was ganz klar gegen die Prinzipien des ethischen Journalismus verstößt.
Diese konservativen Gruppierungen sehnen sich danach, zu einem Modell von Kirche zurückzukehren, wie sie früher war, als sie eher als eine geschlossene Festung wahrgenommen wurde denn als ein »funktionierendes Krankenhaus mit offenen Türen, das alle willkommen heißt«; eine Kirche, die »die Menschheit von heute mit offenen Türen sucht und sich zu ihr gesellt, denn mit geschlossenen Türen begeht sie Verrat an sich selbst und an ihrer Aufgabe, und anstatt als Brücke zu fungieren, wird sie zu einer Barriere«. Dies waren Deine mutigen Worte.
Der pastorale Zugang der Art von Kirche, die Du in Deinen Reden und symbolischen Gesten vorschlägst, ist gekennzeichnet von Herzenswärme, lebendigen Begegnungen unter Menschen und mit dem unter uns gegenwärtigen Christus, von grenzenloser Barmherzigkeit, von einer »Revolution der Zärtlichkeit« und von einer pastoralen Umkehr. Dies bedeutet, dass der Hirte den «Geruch der Schafe» aushalten muss, denn der Hirte lebt mit den Schafen und begleitet sie auf ihrem ganzen Weg.
Wir beklagen, dass das Beste, was solch konservative Gruppierungen tun können, ist «nein» zu sagen. »Nein« zur Kommunion für die Geschiedenen und Wiederverheirateten, »nein« zur Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Beziehungen; »nein« zu jeglicher Öffnung hin zur Welt, die substantielle Veränderungen mit sich bringen würde.
Wir müssen diese Brüder an die offensichtlicheren Aspekte der Botschaft Jesu erinnern. Er ist nicht gekommen, um »nein« zu sagen. Im Gegenteil, Er kam, um «ja» zu sagen. Der Hl. Paulus erinnert uns im 2. Korintherbrief daran, dass im Sohn Gottes alles ein «Ja» war, denn »Er ist das Ja zu allem, was Gott verheißen hat» (2 Kor 1,20).
Im Johannesevangelium sagt Jesus ausdrücklich: »Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen« (Joh 6,37). Es könnte sich um eine Prostituierte handeln, um einen Leprakranken oder um einen ängstlichen Theologen wie Nikodemus: Er heißt alle in seiner Liebe und Barmherzigkeit willkommen.
Die grundlegenden Züge des Gottes Jesu, »Abba«, sind Seine grenzenlose Barmherzigkeit (Lk 6,36) und Seine Vorliebe für die Armen, die Kranken und die Sünder (Lk 5,32; 6,21). Jesus kam nicht so sehr, um eine neue Religion für fromme Gläubige zu gründen, sondern um zu lehren, wie wir leben sollen, und um der Lehre Seiner zentralen Botschaft vom Reich Gottes Leben einzuhauchen, d. h.: Liebe, Mitgefühl, Vergebung, Solidarität, Hunger und Durst nach Gerechtigkeit und dass wir spüren, dass wir die geliebten Söhne und Töchter Gottes sind.
Die Versuche, die Legitimität Deiner Art und Weise Bischof von Rom und Papst der Weltkirche zu sein, zu leugnen, werden vergebens sein, denn nichts kann der Güte und Zärtlichkeit widerstehen, von denen Du uns ein so leuchtendes Beispiel gibst. Die Geschichte hat uns gelehrt, dass, wenn die Macht so vorherrscht, wie diese es wünschen, die Liebe verschwindet und Barmherzigkeit ausgelöscht wird - und somit die zentralen Werte eliminiert werden, die Du predigst und die auch Jesus predigte.
Wir Christen, die offen sind für die Herausforderungen der heutigen Welt und die der neuen planetarischen Phase der Geschichte ins Auge sehen sowie den Drohungen, die über dem Lebenssystem und dem Erdsystem schweben, welche Du mutig in Deiner Enzyklika «Laudato Si» über die «Sorge für das Gemeinsame Haus» angesprochen hast, möchten uns in diesem Kontext zusammenschließen und Dir unsere volle Unterstützung zusagen für Deine Person und Dein Amt, für Deine pastorale Vision einer offenen Kirche und für die charismatische Art, mit der es Dir gelingt, dass die Kirche für uns wieder zu einer spirituellen Heimat wird. Ebenso unterstützen und bewundern Dich viele Menschen aus anderen Kirchen und Religionen und aus der säkularen Welt für Dein Handeln und Sprechen.
Es ist von großer Bedeutung, dass eine große Mehrzahl der Katholiken in beiden Teilen Amerikas leben, in Afrika und in Asien, wo eine große Vitalität und Kreativität im Dialog mit den unterschiedlichen Kulturen zu beobachten ist, die die vielfältigen Gesichter derselben Kirche Christi reflektieren. Die Katholische Kirche ist nun eine Kirche der Dritten Welt, denn nur 25 % der Katholiken leben in Europa. Die Zukunft der Kirche entfaltet sich in diesen Regionen mit großer Kraft, wo der Geist weht. Dies zu übersehen heißt weiterhin Europa- und Vatikan-zentriert zu denken.
Die Katholische Kirche kann nicht von der abendländischen Kultur in Geiselhaft genommen werden. Dies ist eine regionale Kultur, wie groß und wichtig ihre gesammelten Verdienste auch sein mögen. Die Kirche muss aufhören, abendländisch zu sein, und sie muss sich dem Prozess öffnen, weltweit zu werden, dem Prozess. der Begegnungen unter den kulturellen und spirituellen Wegen favorisiert.
Lieber Papst Franziskus: Du nimmst Teil am Geschick des Meisters und der Apostel, die ebenfalls missverstanden, verleumdet und verfolgt wurden. Doch wir sind gelassen, denn wir wissen, dass du solches Leiden im Geist der Seligpreisungen annimmst. Du erträgst sie mit Demut. Du bittest um Vergebung für die Sünden der Kirche und wandelst in den Fußstapfen des Nazareners.
Wir wollen Dir nahe sein, Dich in deiner evangeliumsgemäßen und befreienden Vision der Kirche unterstützen, Dir inneren Mut und die Kraft geben, die Tradition Jesu mit Worten und Taten ins Heute zu bringen, d. h. Liebe, Barmherzigkeit, Mitgefühl, Nähe zu Gott und Solidarität mit der leidenden Menschheit.
Und schließlich, lieber Papst Franziskus, bitten wir Dich, dass Du uns weiterhin zeigst, dass das Evangelium für die Menschheit ist, dass die christliche Botschaft eine inspirierende Kraft für die «Sorge um das Gemeinsame Haus» ist und ein kleiner Vorläufer für eine Erde, die mit sich selbst versöhnt ist, mit der ganzen Menschheit, mit der Natur und insbesondere mit dem Vater, der die Eigenschaften einer Mutter zum Vorschein bringt: grenzenlose Güte und Zärtlichkeit.
Am Ende werden wir gemeinsam in der Lage sein zu sagen: »Alles ist sehr gut« (Gen 1,31).

Die Unterschriften können an Valentina Carusi (eMail-Adresse: Öffnet ein Fenster zum Versenden der E-Mailvalecarusi(ät)gmail.com) geschickt werden, die in der argentinischen Botschaft im Vatikan arbeitet.