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02.12.2024
09.06.07

Pfarreiengemeinschaft

Kategorie:
Na Pfarrgemeinde - Gemeindezusammenlegungen

 

»Hirtenwort" eines davon betroffenen Pfarrers, veröffentlicht in dem Gemeindeblatt von »Unsere liebe Frau" in Arnstein


Quo vadis Kirche?

Liebe Christen in Arnstein, Heugrumbach, Binsbach und Gänheim,

seit etwa 10 Jahren diskutieren die Verantwortlichen in unserem Bistum über Wege und Lösungen zum damals drohenden und mittlerweile deutlich spürbaren Priestermangel und der seelsorgerlichen Betreuung der Pfarreien in der Zukunft.

"Wege suchen im Gespräch" oder "Neue Wege gehen" sind die Schlagworte, die uns dieses Problem und seine Lösung näher bringen sollen.

Nach den Richtlinien der Diözese Würzburg für die Errichtung von Pfarreiengemeinschaften ist geplant, dass ein Pfarrer für bis zu 10 Pfarreien und mehr zuständig ist und diese in Zusammenarbeit mit einem Pastoralteam leitet und betreut. Welche Folgen dies für den betroffenen Seelsorger und die ihm anvertrauten Menschen hat, damit haben sich unsere Pfarrgemeinderäte an einem Wochenende in Gadheim auseinandergesetzt.

Geplant ist, dass aus folgenden Pfarrgemeinden eine Pfarreiengemeinschaft gebildet werden soll: Arnstein, Heugrumbach, Gänheim, Binsbach, Altbessingen, Neubessingen, Büchold, Schwebenried, Müdesheim, Reuchelheim. Das bedeutet, dass insgesamt 6 486 katholische Christen in 10 Orten von einem Pfarrer und einem mitarbeitenden Seelsorger betreut werden müssen. Die meisten unserer Pfarrgemeinderäte sowie auch ich und die hauptamtlichen pastoralen Kräfte sehen diesem Vorhaben aus folgenden Gründen mit Angst und großen Befürchtungen entgegen:

Durch die Zentralisierung wächst Anonymität in den Kirchengemeinden:

  • keine persönliche Beziehung mehr von Gläubigen zum Pfarrer und den hauptamtlichen Mitarbeitern und umgekehrt vom Pfarrer und den Hauptamtlichen zu den Menschen.
  • Seelsorge hat kein Gesicht mehr: SeelsorgerInnen sind überall und nirgends.
  • "Kirche im Dorf" geht verloren.

Überlastung und "Verheizung" des Pfarrers und der Hauptamtlichen:

  • Pfarrer nur noch als Organisator, Sakramentenspender und Beerdiger.
  • Hauptamtliche arbeiten nur noch "flächendeckend" und können nicht mehr auf die Gegebenheiten vor Ort eingehen.

Verlust der eigentlichen Seelsorge durch Schwerpunkt auf Organisation und Planung.

Kräfteverlust durch Uneinigkeit und Kompetenzüberschreitungen der Führungskräfte sowie Rivalitäten unter den einzelnen Pfarreien.

Überforderung und fehlende Motivation der Ehrenamtlichen durch geringere oder fehlende Begleitung durch die Hauptamtlichen ("kommen nicht mehr rum")

  • Noch größerer Priestermangel und Mangel an pastoralen Berufen durch Unattraktivität der Arbeitsbedingungen.

Rückgang der ehrenamtlichen Mitarbeit.

Verstärkte Kirchenaustritte von gefrusteten Gläubigen.

Sicher gibt es - wie bei jeder Sache im Leben - auch hier positive Seiten wie:

Förderung der Kooperation zwischen den Gemeinden

Wachsen des Zusammenhalts

Durch Verkauf bzw. Vermietung von Pfarrhäusern mehr finanzielle Mittel für die Seelsorge

Geldersparnis durch Zentralisierung von Gottesdiensten und Veranstaltungen

Leitungsteam (Pfarrer, Hauptamtliche, Pfarrvikar, MAP....) kann im Glücksfall harmonieren!

Mentalität und Interessen der einzelnen Ortschaften können im Glücksfall zusammenpassen!

Ich selbst habe diesen Prozess bereits in meiner letzten Seelsorgsstelle Erlenbach erlebt und war verantwortlich für die Zusammenführung von sechs Gemeinden zur Pfarreiengemeinschaft Erlenbach-Triefenstein. Dabei erfuhr ich, dass die Seelsorge fast ganz auf der Strecke bleibt und der Pfarrer immer mehr zum Manager wird und den größten Teil seiner Zeit und Kraft in die Verwaltung investieren muss. Sehr bald spürte ich, dass ich den Menschen in ihren Nöten als Seelsorger nicht mehr gerecht werden konnte. Innere Zerrissenheit, Unzufriedenheit, Überlastung und Ausgebranntsein führten zu gesundheitlichen Störungen und Frust. Seitens der Gläubigen wurde die Kritik über den ständig "abwesenden" Pfarrer immer lauter.

Ich frage mich nach dieser Erfahrung ganz nüchtern, ob der geplante Weg für die Menschen und die Zukunft unserer Kirche der richtige ist. Es ist ein Trugschluss, dass Großraumpfarreien die Lösung sein können. Die Nähe zum Menschen ist es, die eine Kirche überleben lässt. Durch das Sakrament der Taufe ist jeder Christ zur verantwortlichen Mitarbeit im Reich Gottes (= Kirche) berufen. Ich bin der Meinung, dass die derzeitige Situation dazu auffordert, über den Einsatz dieser durch die Taufe berufenen Frauen und Männer nachzudenken und dieses Potential an vielfältigen Fähigkeiten und Möglichkeiten nicht weiterhin ungenutzt liegen zu lassen.

Aus welchem Grund hält die Kirche so krampfhaft an alten Traditionen fest?

Die Zeit ist reif, ehrlich nach neuen Wegen zu suchen. Meiner Meinung nach sollten die Zulassungsbedingungen zu den seelsorgerlichen Ämtern überdacht und geändert werden. Es gibt viele Frauen und Männer, die über das nötige Charisma verfügen, um diese Ämter mit Freude an Gott und der Liebe zu den anvertrauten Menschen auszuüben.

Diese Freude an Gott, die keinen mehr ausschließt, wäre dann gleichzeitig unsere Stärke zum Wohle der Menschen, die uns anvertraut sind.

Möge der Geist des II. Vatikanischen Konzils wieder unsere Kirchen durchbrausen und alle Verantwortlichen ermutigen, die Zeichen der Zeit zu erkennen, aufzustehen und neue Wege zu wagen. Dies wünsche ich mir und uns allen von Herzen

Ihr Pfarrer T. Falkowski